Was passiert, wenn eine sogenannte 1000jährige Flut nach etwa einem Jahr wieder auftritt, erlebt Matt Bailey derzeit: Der General Manager des Lynwood Country Club nahe Sydney hat die 18 Löcher-Anlage in den vergangenen Tagen im Wasser verschwinden sehen – so wie schon 2021. Und so wie übrigens auch 2020, als die Gegend ebenfalls unter Überflutung litt. Natürlich, viele der Golfer an der Ostküste Australiens haben derzeit andere Probleme, als die Frage, wann die Grüns auf ihrem Heimatclub wieder bespielbar sein werden. Ende Februar sorgte ein Regenwetterband vom nördlichen Brisbane bis herunter nach Sydney für den Verlust von Menschenleben, überflutete Städte, kaputte Infrastruktur.
Ein Jahr mit Reparaturen steht an
Trotzdem: Auch die Golfszene trifft es hart. „Bis die letzten Bunker wieder repariert sind und alles wieder normal läuft, dauert es sicher ein Jahr“, resümiert Steve Smith, Golfplatzberater und Host des Podcasts „The Golfing Greenkeeper“. Bis der Schlamm, herumfliegende Teile weggeräumt sind, die Grüns wieder neu eingesät und angewachsen sind, wird es seiner Meinung nach wohl rund sechs Monate brauchen. „Das ist alles wirklich erschütternd. Wir befinden uns quasi in der Mitte zwischen den Wetterphänomenen El Nino und La Nina, die zuerst extreme Trockenheit und dann extreme Niederschläge bringen. Dass wir allerdings gleich drei Fluten in drei Jahren aufeinander haben, ist extrem.“
Begriff „tausendjähriges Event“ irreführend
Durch den Klimawandel und die zunehmende Erderwärmung nimmt die Wahrscheinlichkeit für extreme Wetterphänomene zu. Dr. Andrew King, Klimawissenschaftler an der Universität von Melbourne weist in einem Interview mit dem britischen Guardian deshalb darauf hin, „dass die Aussage, es handle sich um ein sogenanntes tausendjähriges Event definitiv in die Irre führe. „Die Menschen verstehen nicht, dass das keineswegs bedeutet, dass es zu dem Vorfall nur alle 1000 Jahre kommt und dass sich in einem veränderten Klima die Wahrscheinlichkeit dieser Events ebenfalls erhöht:“
Auf Golfanlagen wie Lynwood Golf aber auch Riverside Oaks, Carbrook oder dem Ashgrove Golf Club können die Verantwortlichen das nur bestätigen: Sie leiden wie viele Gebiete Australiens hauptsächlich darunter, dass Flüsse extrem an Wasserzulauf gewinnen, über die Ufer treten und angrenzende Gebiete überschwemmen. Der Mary River in Gympie im Norden Brisbanes erreichte am 28. Februar eine Höhe von 19,36 Metern, die Flussmauern enden bei 9,98 Metern. Mit 611,6 mm Regen innerhalb einer Phase von drei Tagen entstand ein neuer Drei-Tagesrekord. Auch bekannte Turnierplätze wie der Royal Queensland Golf Club mussten schließen.
Schäden gehen in die Millionen
Die folgenden Kosten für die Golfanlagen sind gewaltig und gehen bei einzelnen Anlagen angesichts der Greenfeeausfälle in die Millionen. Im Lynwood Country, wo man wegen der Fluten 2020 und 2021 bereits 29 Grüns komplett neu einsäen musste, müssen nun wieder 20 Grüns erneuert werden. Matt Bailey weiß dabei, dass die Mitgliedschaft hinter ihm steht: „Bislang haben die Mitglieder den Club und die Mitarbeiter in überwältigender Weise unterstützt. Unsere Mitglieder sind sehr stolz auf ihren Golfplatz, sie sind natürlich verärgert, aber entschlossen, den Platz wieder aufblühen zu lassen. Wir werden in den nächsten Wochen viele Freiwilligentage veranstalten.“
Die Möglichkeiten, die Fluten auf den Golfanlagen einzubremsen, sind dabei begrenzt. „Tatsache ist, dass viele neue Golfanlagen an der Ostküste auf Grundstücken entstanden sind, die aufgrund der Flutgefahr nicht für den Bau mit Gebäuden freigegeben worden sind, erklärt Steve Smith. Brechen Dämme und Mauern sind die Golfplätze sofort betroffen. Versicherungen dafür sind nicht zu erhalten. Bei den ersten beiden Fluten gab es auch vom Staat keine Entschädigung für den Lynwood Country Club.
Trotzdem will der Golfclub ebenso wie etwa andere betroffene Anlagen wie etwa Riverside Oaks nicht von dem Gebiet weichen:“Lynwood ist ein ganz besonderes Grundstück“, resümiert Bailey, „und es wäre schwer, in höher gelegenen Gebieten Sydneys ein ähnlich großes Grundstück zu finden oder sich zu leisten. Sollte es in naher Zukunft zu einer weiteren Überschwemmung kommen, würde es Diskussionen über die Lebensfähigkeit des derzeitigen Platzes geben, aber Lynwood wird immer ein Golfplatz für die Hawkesbury-Gemeinde sein.“
Mit jeder Flut wächst nur die Erkenntnis, dass weniger Bunker und bessere Systeme zur Ableitung des Wassers die Schäden etwas verringern können. Wie Tomy Lam General Manager der 26-Löcher-Anlage Riverside Oaks Golf Resort nahe Sydney nach dem Ende der Flut 2021 gegenüber InsideGolf erklärte, arbeite man zwar ständig daran, neue große Drainage-Flächen auf dem Gelände zu schaffen. Das helfe aber nur, den Abtransport der Wassermassen zu beschleunigen. “Überflutungen wird es hier in der Gegend von Hawkesbury weiter geben.“ Und der Glaube, dass sogenannte tausendjährige Fluten nur einmal im Jahrtausend auftreten, hat sich an der Ostküste Australiens längst erledigt.
Über die Autorin
Petra Himmel ist Expertin und Autorin im Bereich Golf und Nachhaltigkeit im Sport. Sie berichtet seit über 20 über internationale Golfthemen u.a. für Süddeutsche Zeitung Golf Spielen, Welt am Sonntag und Neue Züricher Zeitung, Vor drei Jahren gründete sie die Plattform https://golfsustainable.com, die sich mit Fragen der Nachhaltigkeit im Golfsport auseinandersetzt. Die Münchnerin ist entweder aus Recherchezwecken oder beim Golfspiel häufig in Österreich unterwegs. 2020 belegte sie den dritten Rang bei den Österreichischen Seniorenmeisterschaften im GC Schloß Schönborn und gewann mit ihrem Mann Thomas Himmel die Österreichischen Senioren-Mixed-Meisterschaften.